Tulpenmanie

Zuletzt aktualisiert am 25.04.2025 | Grundlagen

Die Tulpenmanie (1634–1637) – wie die Tulpe zum Spekulationsobjekt wurde

Bei einem Spaziergang im Botanischen Garten München war ich fasziniert von der Farben- und Formenpracht der Tulpen, die gerade in voller Blüte standen. Dabei fiel mir auch die Geschichte ein, die ich vor vielen Jahren gehört hatte. Im 17. Jhd. gab es einen kurzen Zeitraum, in dem Tulpen ein gänzlich überteuertes Spekulationsobjekt waren – doch wie kam es dazu?

Die Tulpenmanie oder auch Tulpenwahnsinn genannt, ist eines der berühmtesten Beispiele für eine Spekulationsblase in der Wirtschaftsgeschichte. Sie zeigt eindrucksvoll, wie die Begeisterung für eine Blüte, soziale Dynamik und wirtschaftliche Gier sich zu einem explosiven Mix verbinden können.

Wie die Tulpe nach Europa kam (1554 – 1633)

Tulpen stammen ursprünglich aus Zentralasien (der heutigen Türkei, Iran, Afghanistan) und waren im Osmanischen Reich bereits hochgeschätzt. Ogier Ghiselin de Busbecq, ein Gesandter des habsburgischen Kaisers Ferdinand I. am osmanischen Hof, brachte Tulpenzwiebeln um 1554 aus Konstantinopel nach Wien. Der Augsburger Botaniker Carolus Clusius war einer der Ersten, der Tulpen um 1590 in den Niederlanden im Botanischen Garten der Universität Leiden kultivierte. Was als botanisches Projekt begann, entwickelte sich bald zu einem Prestigeobjekt für die wohlhabende Elite der Bürger und Fürstenhäuser.

Schnell gewannen die Tulpen an Beliebtheit, jeder wollte sie haben. Insbesondere die sogenannten gebrochenen Tulpen waren begehrt. Sie hatten ein auffälliges Streifenmuster, das durch ein Virus verursacht wurde. Da diese Muster nicht gezielt gezüchtet werden konnten, waren sie selten und besonders begehrt.

Gemaelde der Tulpensorte Semper Augustus, die Bluete ist rot-weiss geflammt. Es ist eine einzelne Tulpe dargestellt.

Die Semper Augustus war die teuerste Tulpe ihrer Zeit

Vom Blumenhandel zum Spekulationswahn (1634–1636)

Ab 1634 begannen immer mehr Bürger – auch aus der Mittelschicht – in den Tulpenmarkt einzusteigen. Es entstand ein reger Handel mit Tulpenzwiebeln, die oft nicht einmal physisch ausgetauscht wurden. Man handelte stattdessen Futures – also Verträge über zukünftige Lieferungen. Dabei stiegen die Preise innerhalb kurzer Zeit ins Absurde.

Semper Augustus, die berühmteste Sorte, wurde zu Preisen von bis zu 10.000 Gulden gehandelt – mehr als das zehnfache Jahreseinkommen eines gut verdienenden Handwerkers. Eine überlieferte Aufzählung listet auf, was eine einzige Zwiebel der Sorte Semper Augustus gekostet haben soll:

      • 2 Lasten Weizen
      • 4 Lasten Roggen
      • 4 fette Ochsen
      • 8 fette Schweine
      • 12 fette Schafe
      • 2 Fässer Wein
      • 4 Tonnen Bier
      • 1 Bett
      • 1 silberner Pokal
      • 1 Schlitten 

Ein Zwiebelvertrag konnte in wenigen Tagen mehrfach weiterverkauft werden – rein spekulativ.

Die Manie griff um sich: Handwerker, Bäcker, Bauern – viele glaubten, mit Tulpen rasch reich werden zu können. Ganze Wirtshäuser verwandelten sich in inoffizielle Tulpenbörsen. Das Tragikomische daran – die Tulpenzwiebeln wurden nur noch gehandelt und kaum mehr eingepflanzt.

Gemaelde von Jan Brueghel dem Juengeren, der den Tulpenwahnsinn in allen Stadien zeigt, dabei sind die Kaeufer und Haendler als Affen darfestellt, aus dem 17. Jhd.

Persiflage auf die Tulpomanie, Gemälde, Jan Brueghel der Jüngere, 17. Jhd.

Das Platzen der Spekulationsblase (Februar 1637)

Im Februar 1637 versuchte man bei einer Auktion in Haarlem, besonders wertvolle Tulpen zu versteigern – doch es erschien kein einziger Käufer. Innerhalb weniger Tage verloren Tulpen ihren Wert drastisch. Die Menschen verloren das Vertrauen in den Wert der Tulpe und wollten sofort ihre Verträge verkaufen, aber niemand wollte diese mehr erwerben.

Die Preise fielen um bis zu 90 %. Verträge wurden nicht mehr eingehalten, Gerichte mussten klären, ob die Tulpenverträge rechtlich bindend seien – mit dem Ergebnis, dass viele Verträge schlicht wertlos wurden. Sie entschieden, dass es sich bei vielen Verträgen um Wetten handelte – und diese mussten nicht eingelöst werden. Eine Vielzahl an Händlern verlor ihr Vermögen, da sie sich mit Krediten oder nun plötzlich wertlos gewordenen Verträgen überschuldet hatten.

 Nach dem Zusammenbruch

Die Tulpenmanie führte nicht zu einem Kollaps der niederländischen Wirtschaft, sie blieb insgesamt stabil. Dennoch war das Vertrauen in spekulative Geschäfte zunächst beschädigt und viele Existenzen ruiniert. 

Die Tulpenmanie wurde zur Mahnung gegen Gier und Spekulation – ein Thema, das sich in den Jahrhunderten dennoch immer wieder wiederholte, wie die sog. Südseeblase in Großbritannien im Jahre 1720. Die South Sea Company versprach riesige Gewinne durch den Handel mit Südamerika. Südsee war im 18. Jhd. weiter gefasst als heute und bezeichnete allgemein die südlichen Meere. Anleger investierten massenhaft, ohne dass es echte Gewinne gab. Der Aktienkurs stieg rasant – und fiel dann genauso heftig.

Die Geschichte wiederholte sich also wieder und es folgten weitere Spekulationsblasen. Die Tulpenmanie oder auch Tulpenwahnsinn oder Tulpenfieber genannt, wird heute in Vorlesungen gerne als Paradebeispiel für irrationales Handeln und überhitzte Märkte angeführt.

Oelgemälde, ein Stillleben mit Fruechten und Blumen, es sind insgesamt 4 rot-weiss gestreifte Tulpen der Sorte Semper Augustus enthalten. Die Blumen leuchten vor dem dunklen Hintergrund.

Jan Davidsz de Heem, 1606 – 1684, Ölgemälde, es sind 4 Semper Augustus-Tulpen abgebildet

Warum die Tulpenmanie bis heute fasziniert

Viele Künstler des 17. Jhd. beschäftigten sich bereits satirisch mit dieser Periode. So spottet Hendrik Pot in der satirischen Darstellung von Flora´s Mallewagen (Floras Narrenwagen) von 1637 über die Tulpenmanie. 

Jan Brueghel der Jüngere, ein bedeutender niederländischer Maler, malte ebenfalls eine Persiflage auf die Tulpomanie

In der Kunst blieb die Tulpe eine beliebte Blüte für die opulenten Stillleben der damaligen Zeit. Die Tulpe symbolisierte dabei Vergänglichkeit, Luxus und die Eitelkeit.

In den folgenden Jahrhunderten wurde der Tulpenwahnsinn als Beispiel für  irrationale Finanzblasen immer wieder herangezogen. So beschreibt der schottische Schriftsteller Charles Mackay 1841 in einem Buch die Geschichte des Tulpenwahnsinns. Auch in neuester Zeit wurde dem Thema ein Film gewidmet. Der Film Tulpenfieber (Tulip Fever) ist ein britisch-amerikanisches Historien-Drama aus dem Jahr 2017, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Deborah Moggach, der in dieser Zeit spielt.

geschwungen Zier-Trennlinie zwischen zwei Textbloecken

Was bleibt, ist die Faszination, wie eine wunderschöne und damals noch exotische Blume einen der ersten Finanzskandale der Geschichte schuf. 

Zum Glück muss man heute nicht mehr Haus und Hof einsetzen, um die kleinen Schönheiten in den Garten zu holen. Dank der Züchtungen gibt es weltweit zwischen 3000 und 4000 Tulpensorten, und jedes Jahr kommen neue hinzu. Zum Abschluss daher noch eine kleine Collage mit bezaubernden und ungewöhnlichen Farben und Formen.

Neun Tulpen als Collage mit gelben, lachsfarbenen, rosa, weißen und roten Blueten sowie unterschiedlichen Bluetenformen.

Ein kleiner Ausschnitt aus der Vielzahl an Farben und Formen der heutigen Tulpen

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